Feature-Mo< Zurück 26.08.2012
Von Max Werschitz
The eagle has landed, würde man in den USA wohl verkünden. Aber da wir in Graz sind sagen wir lieber ganz salopp: das Ding ist aufgetaucht. 'Das Ding aus der Mur', vor wenigen Tagen bei seiner Weltpremiere im KIZ Royal. Ein Ding das damit in guter Gesellschaft einer Reihe von Produktionen ist die beweisen dass die heimischen FilmemacherInnen auf keinen Fall hinterm Mond leben.
Volles Haus bei der Weltpremiere.
Ja, die Grazer Kinoszene gedeiht prächtig, und treibt dabei trotz geringstem Budget erfrischend seltsame Blüten. 2010 lud uns Britta Lang zusammen mit gleich zehn Filmteams zu einem bunten Episodenreigen rund um(s) und Im Auto. Vor einigen Monaten präsentierten uns Jörg Vogeltanz und co mit Pantherion einen psychedelischen Mystery-Thriller bei dem selbst Mulder und Scully hochrote Ohren bekommen hätten. Und letzte Woche, am 22. August 2012, ließen David Hehn, Aurel Hu und eine kleine Schar von begeisterten Freiwilligen Das Ding aus der Mur auf uns los (siehe auch mein Vorbericht samt Interview).
Nachdem sich die Menschenmassen im ausverkauften Saal mit gut einer halben Stunde Verspätung endlich alle auf ihren Sitzen eingefunden hatten erklomm Hu für eine kurze Begrüßung die Bühne, und konnte sich dabei folgenden Kommentar nicht verkneifen: "Schön euch alle hier zu sehen. Ihr seidts selber schuld. Ich habe habe euch gewarnt, und sobald der Film läuft gibt's kein Abhauen mehr." Ein Scherz? Nervosität? Oder doch einfach nur Ehrlichkeit? Schließlich hatten wir keine Ahnung was uns wirklich erwarten würde, und wußten es dabei doch ganz genau: der erste Grazer Horror-Slasher, ein mit viel Herz- und noch mehr Kunstblut produzierter Trash-Streifen mit zero budget, oder wie wir ganz salopp sagen würden, mit ohne Geld. Das muss man doch einfach gesehen haben!
Und tatsächlich. Das Publikum hatte die richtige Einstellung (und teils ausgiebige Biervorräte) mitgebracht, und bekam dafür auch genau was sie sehen wollten: 73 technisch und dramaturgisch zwar keinesfalls fehlerfreie, aber nie langweilige Minuten – mit einem fulminanten Start (Hu vor statt hinter der Kamera, in einer im wahrsten Sinne des Wortes kurzlebigen Rolle), einem herrlich lakonischen Showdown, und jeder Menge Absurdität und Spaß dazwischen. Als Handlungsträger diente nicht nur das titelgebende Ding (an dieser Stelle Hut ab vor David Hehns Kostümdesign), sondern vor allem der überzeugend grantelnde Postenkommandant Alois Ratzinger (Daniel Josef Rossmann), der sich mit einem etwas durchdachteren Drehbuch sogar zu einer Art Grazer Kottan hätte aufschwingen können.
Die darauffolgende Fragestunde ("War es ein Stilmittel dass man immer wieder die Kameraleute in Spiegelungen gesehen hat?" "Ach so, hat man? Ja dann, natürlich war's ein Stilmittel.") gestaltete sich eher kurz ("Schau ma dass ma alle so schnell wie möglich zur After-Party ins wakuum kommen"), und so verließen Filmschaffende und Filmfans zügig und zufrieden das Kino.
Für alle die nicht dabei sein konnten: ob Das Ding aus der Mur auch reguläre Spielzeit in hiesigen Kinos bekommt ist noch nicht ausverhandelt, jedenfalls läuft er laut Facebook beim Fright Nights-Festival (17.-24. November) im Wiener Hollywood-Megaplex, und eine DVD-Veröffentlichung ist natürlich auch fix geplant. Diese sollte dann aber brav gekauft und auf keinen Fall kopiert werden – wer das tut, so deutet im Abspann eine Passage an, wird ein furchtbares Schicksal erleiden. Spätestens da hört sich der Spaß nämlich auf.
Meine Wertung: |
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